In den meisten Nächten ist es doch recht ruhig in Leipzig. Nur manchmal wird es gar schauerlich. Ein manches Mal haben wir Nachtwächter auch unschöne Aufgaben zu verrichten. So sind wir Nachtwächter auch Überbringer von Todesnachrichten oder auch Zeugen von Todesfällen. Nicht schön, aber was will man machen, wenn der Sensenmann an die Tür klopft.
Autor: Mirko Seidel
„Hört ihr Leut und lasst Euch sagen …“
Guten Abend, ich bin Johann Christian Bremme. Abend für Abend laufe ich durch Leipzigs Straßen und Gassen, sage die Stunde an und singe mein Lied: „Hört, Ihr Leut und lasst Euch sagen unser Glock hat acht geschlagen. Löscht das Feuer löscht das Licht, dass unsrer Stadt kein Leids geschicht.“ Warum ich das mache? Nun, weniger…
Nachtwächter- familie Bremme – eine Vettern- wirtschaft
DEN Nachtwächter Bremme gibt es nicht, Wir Bremmes sind eine Nachtwächterfamilie. Verwandt, verschwägert, versippt – Onkel und Vettern – eine einzige Vetternwirtschaft. Das ist aber auch gut so, denn auch wenn unsere Stadt Leipzig klein ist, so müssen wir doch überall wachsam sein. Stellen Sie sich vor, es gäbe nur einen Nachtwächter. Der ist am…
Mir Saggsn schbräschn feinsdes Hoch- deidsch
Wenn mir Saggsn eens nich leidn genn, dann isses, wenn eenor ibor unsre Schbrache lachd. MIR SAGGSN SCHBRÄSCHN FEINSDES HOCHDEIDSCH! Da brauchnse gar nich zu feixn. Wer nämlich nich franzeesisch schbrischd, schbrischd säggssch – das is vornähm. Un seinse vorsichdsch, mir Leibzschor Nachdwäschdor derfn fesdnähm. Gommse abnds ma mid, mir ham Zeid und da lern…
He da, so pass er doch auf!
Unser Bürgermeister Franz Conrad Romanus erhellt unsere Stadt. Straßenlaternen lässt er aufstellen. Endlich erhellt nicht nur meine Laterne die finstere Leipziger Nacht. Mit Rüböl werden die Laternen gespeist. Anzünden muss ich die Laternen nicht, dafür gibt es Lampenanzünder. Doch was passiert mit Öl im Winter? Es wird hart und brennt nicht mehr. Was tun wir…
Von Dieben und Prügel- knaben
Was ist das für eine Aufregung auf dem Marktplatz?Ein Dieb! Er hat von einem Hutstand einen doch recht teuer aussehenden Hut gestohlen. Der Büttel erscheint bereits. Ohne langwierige Gerichtsverhandlung beschließt er gleich das Urteil. Auf Diebstahl gibt es die Prügelstrafe.Aber was ist denn jetzt schon wieder los? Der Büttel senkt seinen schon erhobenen Arm….
Feurio!
Feuer – das ist die größte Angst der schlafenden Bürger. Und wenn ich, Johann Christian Bremme, nachts durch die Straßen laufe und sehe ein Feuer, dann rufe ich laut „Feurio“. Und dann springen die Bürger aus dem Bett, mit der Zipfelmütze auf dem Kopf, schnappen sich einen Eimer, bilden eine Kette und vertreiben den roten…
… in aller Ruhe
Ein neues Getränk ist zu uns nach Leipzig gekommen – der Kaffee. Der duftet gut, anregend soll er sein und die Manneskraft stärken. Aber als armer Nachtwächter kann ich mir keinen Kaffee leisten. Die Türken sollen den Kaffee nach Wien gebracht haben. Ein Händler bringt ein Säckchen Kaffee nach Leipzig, verkauft es einem Leipziger Kaufmann,…
Zeter und Mordio
Wir Sachsen sind doch ein recht gemütliches und friedliches Völkchen. Hauptsache, mir ham unsre Ruhe. Doch manch einer gönnt uns unsere Ruhe nicht. Die Schweden, als sie im Dreißigjährigen Krieg unser Leipzig gleich zwei Mal belagerten. Oder die Preußen, die unser schönes Sachsen 1756 einfach überrannten. Neben unserer Ruhe lieben wir unsere Unabhängigkeit. Und wehe,…
Bach? Wer ist Bach?
Wenn Sie mal an unserer Thomaskirche vorbeikommen, hören Sie mal ganz genau hin. Hören Sie die Orgel? Ja? Meister Bach spielt am edlen Instrument. Hören Sie auch den Chor? Er übt mit dem Thomanerchor. Bach – kannten wir in Leipzig nicht, wollten wir auch gar nicht haben. Georg Philipp Telemann aus Hamburg, ja den hätten…
Unsere ganze Pracht
Natürlich komme ich auch jeden Abend an unserer Stadtpfarrkirche St. Nikolai vorbei. So um 1165 bekommt Leipzig Stadt- und Marktrecht und da fangen die Bürger ganz schnell an, die Nikolaikirche zu bauen. Sie hatten Angst, dass irgendein Bischof kommt und sich eine Bischofskirche hinbaut. Die Leipziger haben immer sehr genau aufgepasst, dass sich die Kirche…
Verflucht und zugenäht
Als mir Liebchen die Frucht unsrer Liebe gesteht, habe ich meinen Hosenschlitz verflucht und zugenäht. Das alte Studentenlied verführt vielleicht zum Schmunzeln, aber so lustig ist es gar nicht. Wer war Liebchen denn? Wahrscheinlich ein unschuldiges Mädchen vom Lande, das im elterlichen Haushalt des Herrn Studioso Anstellung als Stubenmädchen gefunden hatte. Ich habe öfter gesehen,…
Hermes wacht über Leipzig
Johann Christian Bremme meldet sich wieder. Prächtige Handelshöfe entstehen in unserer Stadt, an die zwanzig sollen es ein. Leipzig ist die wichtigste Messestadt im Heiligen Römischen Reich. Doch etwas finde ich merkwürdig. An den prächtigen Fassaden grinst mich desöfteren ein Herr mit geflügeltem Helm an. Herren mit Helm – ja gut, aber Flügel am Helm?…
So eine Wirtschaft mit diesem Lotter
Leipzig ist eine wohlhabende Handels- und Messestadt – mit recht kleinem Rathaus, meinten jedenfalls im 16. Jahrhundert unsere Ratsherren. Sie gingen zu ihrem Bürgermeister und Baumeister Hieronymus Lotter und sagten: „Wir sind eine reiche Handelsstadt, bau uns mal ein neues, großes Rathaus.“ Der Bürgermeister guckte in die Stadtkasse – Kasse leer. Und da dachte sich…
Leipziger Chaisen- träger
Mein Name ist Johann Matthäus Bremme. Ihr erinnert euch? Ich bin einer der Nachtwächter der Stadt Leipzig. Abends treffe ich die Portechaisenträger häufiger, zumal ich mich gern auf deren Stützpunkt, unter den Arkaden der Börsenrückseite, aufhalte, um bei Unwetter wenigstens für Augenblicke Schutz zu finden. Ach, ihr kennt die Portechaisenträger gar nicht? Ja die Leipziger…
Goethe – Student und Schwere- nöter
Hier ist wieder euer Johann Matthäus Bremme. In Leipzig sorge ich zu nächtlicher Stunde für Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Grölende und besoffene Studenten sind zwar lästig, aber kein wirkliches Problem. Ich erinnere mich genau an so einen jungen, rappeldürren, Mitleid erregenden Burschen; höchstens 1,70 m groß. Oftmals wurde er dafür gehänselt. Doch mit seiner Wortgewandtheit…
Ein gemeiner Mord und ein starker Bürger- meister
Als einfacher Mensch habe ich schon immer ein Gerechtigkeitsempfinden. Um die große Politik kümmere ich mich herzlich wenig. Doch was Menschen sich alles zu ihrem Vorteil einfallen lassen, ist manchmal selbst für mich unmöglich! Ich höre dann schon die vorwurfsvollen Stimmen mancher Ratsmitglieder: „Könnt ihr Nachtwächter das nicht verhindern? Wozu seid ihr überhaupt da?“ In…
Was unter den Blumen die Rose …
Johann Sebastian Bach kam ja 1723 aus Köthen vom Hof des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau zu uns nach Leipzig. Er war als Hofkapellmeister mit dem Fürsten sehr freundschaftlich verbunden. Als der Fürst heiratete war die Fürstin außerordentlich eifersüchtig. Sie hat alles getan, dass Johann Sebastian aus Köthen verschwand. Deshalb kam er auch zu uns nach…
Von der Leipziger Stadtmauer
1756 – Es ist Krieg. Unser schönes Sachsen ist von den Preußen besetzt. Leipzig leidet sehr unter den Einquartierungen und den Kontributionszahlungen. Wir hören immer mehr diesen aggressiven preußischen Dialekt, als unser weiches, freundliches sächsisch. Gott sei dank hat sich durch die Besetzung der Wunsch unseres Ältesten, Karl Wilhelm, sich beim Militär anwerben zu lassen,…
Von Hufeisen und Drachen
Mein Name ist Johann Matthäus Bremme. Ihr erinnert euch? Ich bin einer der Nachtwächter der Stadt Leipzig. Als Nachtwächter habe ich ja einen wirklich ruhigen Beruf und ich weiß es auch inzwischen zu genießen, weit weg vom hektischen Treiben der Stadt meine Runden zu drehen. Kennt ihr eigentlich die Stelle an der Nikolaikirche, dort wo…
Familie Bremme: Berta
Berta Bremme mein Name, angenehm. Als Frau eines Nachtwächters hat man es nicht immer leicht. Am Tage kümmere ich mich nicht nur um meine drei Kinder, was allein schon Arbeit genug wäre, das können Sie mir glauben. Während mein werter Gatte sich von der Nachtschicht ausruht und den Schlaf der Gerechten schläft, kümmere ich mich…
Vom Kräuter- weiblein und Heilpflanzen
Neulich hatte mein Ältester, Johann Sylvester jun. schweres Fieber. Wir mussten einen Arzt kommen lassen. Und das kostet richtig viel Geld. Mit viel lateinischen Salbadern wollte er ihn schließlich zur Ader lassen. Das habe ich ihm nicht erlaubt. Denn warum sollte der sowieso geschwächte Körper noch mehr geschwächt werden. Wir haben den Arzt wieder weggeschickt….
Familie Bremme: Johann Matthäus
Gestatten, mein Name ist Johann Matthäus Bremme. Ich bin einer der Nachtwächter der Stadt Leipzig. Meine Kollegen heißen alle Bremme. Sie sind meine Vettern – ein Familienunternehmen so zu sagen, oder: die reine Vetternwirtschaft. Mit all diesem neumodischen Kram habe ich nichts zu tun. Mein Beruf ist eher ein unehrbarer. Das klingt schlimmer als es…
Familie Bremme: Johann Sylvester
Mein Name lautet Johann Sylvester Bremme. Ich bin der Senior der Nachtwächter Bremme-Dynastie (wenn man es so ausdrücken will ). Ebenfalls Nachtwächter sind meine beiden Vettern Johann Matthäus und Julius Siegfried, sowie mein Neffe Johann Peter. Auch meine Schwiegertochter Berta Bremme, geborene Weber, ist mit von der Partie. Berta hat meinen Jüngsten Friedrich August geheiratet….
Höret! Nacht- wächter Bremme® wird digital
Wer hätte gedacht, dass ein Nachtwächter aus dem 18. Jahrhundert einmal einen eigenen Blog im Internet haben würde? Zugegeben, meine Familie und ich waren ja bisher Verfechter der altmodischen Kommunikation mit Federkiel und Pergament, aber auch wir wachsen und reifen mit unserem geliebten Leipzig. Schön, dass Ihr den Weg zu unserem ersten eigenen Blog gefunden…